Hildegard Knef

"Pass auf, die ist zickig !!"

Ein Interview mit der Knef - das wäre der Clou. Aber wie kommt man an die ran? Durch die offiziellen Künstleragenturen wäre das zu umständlich und viel zu teuer für mich geworden. Eigene Kontakte hatte ich keine. Stargagen konnte ich nicht zahlen. Zum Glück kannte ich in Hamburg den singenden Couturier Jürgen Hartmann. Von ihm ließen sich alle "großen" Damen ab 50plus mit großen Größen ankleiden.

Er verstand es, wie keiner, das mühsam angefressene Hüftgold seiner Kunden mit fallenden, weiten und teuren Stoffen geschickt zu überdecken. Er hat mir einmal verraten, dass das Maß nehmen immer der spannendste Teil seiner Tätigkeit war, schließlich müssen sich die Damen ausziehen - wie beim Onkel Doktor. Da kommt man sich näher. Da baut man Vertrauen auf und knüpft Kontakte. Wie oft mußte er dabei den nackten Tatsachen ins Auge blicken - ein wirklich tapferes Schneiderlein.

Ihm gelang, was Fernsehsendern verwährt blieb: Bei einem Hamburger Alstervergnügen die seinerzeit noch lebenden Legenden für eine Talkshow gemeinsam auf eine Bühne zu bekommen:

 

Ilse Werner, Mady Rahl, Hildegard Knef, Heidi Kabel, Evelyn Künneke, Angelé Durand und die damals noch junge Angelika Milster, die auch in jungen Jahren schon eine lebende Legende war. Sieben auf einen Streich! Durch Jürgen sah ich eine Chance, an die Knef zu kommen.

 

Ich rief ihn an, und er arrangierte für eine Hand voll vierstelliger D-Mark ein Treffen in seinem Wochenend-Domizil in Warwerort an der Nordsee. Ich organisierte ein Fernsehteam und schnappte mir das Radioreportergerät, um wenigstens "Zwei auf einen Streich" im Kasten zu haben: Mit Hildegard Knef für Radio und Fernsehen im Gespräch.

Wir fuhren in Hamburg los. Es herrschte eine Bullenhitze, die Autobahn war dicht und ich war irgendwie gar nicht auf das Interview vorbereitet. Ich war damals eigentlich selten bis niemals auf Interviews vorbereitet. Jugendlicher Leichtsinn? Nein, absolute Dummheit. "Hast Du den Gaul gelesen?", wollte meine Redakteurin Evelyn Matt wissen. Ich belog sie mit einem deutlichen JA. Sie hat mich zum Glück schnell durchschaut und versuchte während der Autofahrt ein wenig Struktur in das bevorstehende Interview zu bringen. Thema: 100 Jahre Film. Doch ich war so aufgeregt, dass eigentlich gar nichts in meinem Hirn hängen blieb. Ich glaube, Evelyn Matt sah uns einem journalistischen Overkill entgegen fahren.

Mit einstündiger Verspätung und vollkommen verschwitzt trafen wir in Warwerort ein. Da mich im Vorfeld viele Leute vor der Knef gewarnt hatten, stellte ich mich auf eine Zicke der Sonderklasse ein. "Pass auf, die ist schwierig und sehr jähzornig!" Ich war aufgrund meiner mangelnden Vorbereitung ziemlich nervös und aufgeregt und versuchte es mit meiner handelsüblichen Arroganz zu überspielen. Doch Pusteblume - die Knef war völlig handzahm.

 

Als ich das Haus betrat, kam uns eine sympathische und sehr freundliche Dame entgegen, die eine Zigarette nach der anderen inhalierte. Sie versuchte dieses Laster mindestens dreimal pro Woche abzulegen - vergeblich.

 

Zuerst zeichneten wir mit zwei Kameras das TV-Interview zum Thema 100 Jahre Film auf - es wurde nie gesendet.

Nach dem Dreh sind wir in den Garten gegangen und setzten uns in einen Strandkorb, um das Radiointerview aufzuzeichnen. "Sie können mich alles fragen, was Sie wollen", steckte sie im Vorfeld unseres Gespräches ab.  Sie wirkte auf mich ausgeglichen, abgeklärt und war in jeder Beziehung direkt. Ihre positive Energie war ansteckend und beruhigend.

 Ich wurde immer unbefangener und fühlte mich in ihrer Nähe wohl bis geborgen. So wohl, dass ich mich traute, sie spontan auf das Lifting anzusprechen, dass von den Medien Anfang der 80er zum Topthema erklärt wurde. Als mir die Frage nach dem Lifting aus dem Mund rutschte, zuckte ich innerlich zusammen, aber ihre Antwort verblüffte mich:

 

"Das Ganze fing damit an, dass ich mit Billy Wilder Fedora gedreht hatte, und dass ich über Monate, zum Teil in Griechenland, zum Teil in München, zum Teil in Paris drehte - und es war unsagbar heiß - und ich trug immer diese Maske auf der einen Seite des Gesichts. Unter dieser Maske müssen ungefähr 65 Grad gewesen sein. Es war die Hitze. Und da hatte sich meine Haut völlig verzerrt bzw. das Bindegewebe. Und das musste man reparieren. Das haben mit etliche Dermatologen gesagt. Da muss das Messer ran, da muss man einfach die kaputte Hautschicht wegnehmen.

Die Presse hat rausgekriegt, dass ich in eine Klinik in Lausanne ging. Daraus wurde das sogenannte Lifting. Ich hatte überhaupt keine Möglichkeit zu sagen NEIN. Ich habe dann einfach gesagt - In Gottes Namen JA - was soll ich hier also lange medizinische Ausführungen geben."

 

Damit hatte mir die Knef mal eben und so ganz nebenbei eine Top-Story geliefert. Im Laufe des Gesprächs wurde mir schnell klar, warum die Frau Feinde hatte. Mit ihrer offenen und direkten Art konnte im Laufe ihres Lebens nicht jeder umgehen.

 

"Ja, dabei bin ich gar nicht mal so aggressiv. Aber vielleicht haben manche Dinge, die ich gesagt habe, an die ich glaube, manchen nicht so geschmeckt. Ich bemühe mich nicht darum, mir Feinde zu schaffen. Es geschieht nur hin und wieder, weil ich entweder jemanden gar nichts sage oder etwas sage, was ihm nicht schmeckt."

 

Hildegard Knef hat mich tief beeindruckt. Diszipliniert, souverän und geduldig beantwortete sie mir alle Fragen - auch die, die ich gar nicht gestellt hatte. Das Interview wurde in voller Länge gesendet.

 

 

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